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Das Projekt Sozialarbeit und das Team St. Pölten.

Zwischenbilanz einer langfristigen Strategie.


Beitrag in Pantucek, Peter / Schmid, Tom / Vyslouzil, Monika (Hg.): Recht.SO – Menschenrechte und Probleme der Sozialarbeit. Festschrift für Karl Dvorak, S. xxx-xxx

Peter Pantucek

im November 2008

 

Sozialarbeit fristete lange Zeit ein Schattendasein, und tut dies z.T. noch heute. Die Komplexität ihrer Aufgaben scheint sich einer stringenten Verwissenschaftlichung zu entziehen: Sie hat in ihrer Front-line-Praxis mit Problemlagen des Alltags, der Lebensführung von Menschen im Abseits[1] zu tun. Diese Lebensführung ist in hohem Grade von gesellschaftlichen Wandlungsprozessen und von politischen Entscheidungen beeinflusst. Politische Programme zur Bearbeitung „sozialer Probleme“[2] erweisen sich dabei immer wieder als im Einzelfall unzureichend, als ergänzungs- und korrekturbedürftig. Professionelle Sozialarbeit arbeitet sich an dieser Konkretisierung der Programme am Fall ab. Dabei ist sie potenziell, also wenn sie das zulässt, mit dem „ganzen Leben“ ihrer KlientInnen konfrontiert. Der Blick der Sozialarbeit[3] überschreitet  den Horizont der Programme systematisch. Damit kommt er potenziell in Konflikt, kommt in die Verlegenheit, sich Raum für das Sehen und das Handeln schaffen zu müssen. Wird darauf verzichtet, leidet die Professionalität, wird der Nutzen für die KlientInnen fraglich, und wird das Potenzial des Berufs als bereichernder Lebensberuf beschnitten.

An der Bundesakademie für Sozialarbeit St. Pölten entstand spätestens in der zweiten Hälfte der 1980er-Jahre ein Team, das von diesem kleinen und in mancher Hinsicht provinziellen Standort aus den Willen herausbildete, in die Entwicklung der Profession einzugreifen. Dieser Beitrag versucht einige grobe Linien der Arbeit dieses Teams, das in wechselnder Besetzung in den letzten 2 Jahrzehnten das Projekt vorantrieb, zu skizzieren. In erster Linie gilt die Betrachtung allerdings den gegenwärtigen Aufgaben und der Zukunftsperspektive, so weit und so zwangsläufig mangelhaft sie von einem heutigen Standort aus bereits erkenn- und erahnbar ist. Es soll kein Mythos aufgebaut werden, sondern das größere Projekt einer Theorieentwicklung, Forschung und Lehre der professionellen Arbeit an Problemen der Inklusion in Ansätzen skizziert werden. Daraus ergibt sich der Vorschlag für eine Programmatik auch, aber nicht nur für den Sozialarbeitswissenschafts-Standort St. Pölten.

Dig and construct where you are standing

Grabe, wo du stehst, das war die Parole einer Geschichtsforschung, die sich als demokratische und partizipative verstand, die das Graben als eine Archäologie des Alltags (im wörtlichen und übertragenen Sinne) zu etablieren versuchte. In einem übertragenen und erweiterten Sinne kann man das auch als das Motto des St. Pöltner Teams verstehen. Die notwendige Ergänzung heißt: Baue, wo du stehst. Das Lamento über Vergangenes und Vergehendes war unsere Sache nie, und man wünschte sich nie woanders hin. Wenn sich Änderungen in den Rahmenbedingungen abzeichneten, war und ist das Anregung dafür, sich unter den neuen Bedingungen Chancen zu suchen. Oft genug hieß das, Wandlungsprozesse, die sich abzeichneten, beschleunigen zu wollen:

  • Das Aufkommen der Sozialmanagement-Diskussion wurde bereits 1989 für die Etablierung eines Fortbildungslehrgangs „Gemeinwesenorientiertes Sozial-Management und Sozial-Marketing“ genutzt. Unter Federführung des unvergessenen Hans Hovorka, später bis zu seinem frühen Tod Professor für Integrationspädagogik an der Universität Klagenfurt, wurden die Vorzeichen einer Ökonomisierung des Sozialen aufgenommen und offensiv gewendet: Für die Propagierung eines ökonomisch nicht naiven, politisch informierten sozialraumbezogenen Verständnisses der Sozialarbeit, die sich aktiv in gesellschaftliche Diskussionen und Entscheidungsprozesse einzubringen habe. Hovorkas Engagement in der Bewegung für die nicht nur schulische Integration von Menschen mit Handicaps bildete die Erfahrungsbasis für ein breiter angelegtes Konzept, das Sozialarbeit mit partizipativer Demokratie verband. In den heutigen sozialraumbezogenen Aktivitäten am Standort findet dieses Grundverständnis seine Fortsetzung.
  • Der Standort betrieb in der zweiten Hälfte der 1990er-Jahre aktiv den Transfer der Sozialarbeits-Studiengänge in die Fachhochschulen – vorerst gegen den Widerstand des Berufsverbandes und breiter Kreise der Profession. Dabei erwarb sich vor allem die damalige Direktorin der Akademie, Monika Vyslouzil, bleibende Verdienste. Sie hatte die Unterstützung des Geschäftsführers der St. Pöltner Fachhochschulstudiengänge, Mathias Stadler, heute Bürgermeister der Stadt[4].
  • Zeitgleich wurde durch die Gründung des Vereins „sozaktiv“, eines freiwilligen Zusammenschlusses von Lehrenden und AbsolventInnen des Standorts, die Möglichkeit geschaffen, über die damals allzu engen Grenzen des Akademiestatus[5] hinaus wissenschaftlich aktiv zu werden. Der Verein führte Forschungsprojekte durch und gab die erste sozialarbeitswissenschaftliche Buchreihe[6] Österreichs heraus.
  • 2001 startete hier (und in Graz) der erste FH-Diplomstudiengang Sozialarbeit in Österreich. Bezeichnend für die optimistische Zukunftsorientierung des Teams war, dass trotz der Säumigkeit der zuständigen Ministerien der Beginn nicht wie an anderen Standorten um ein Jahr verschoben wurde. Man vertraute darauf, dass unter dem Zeitdruck eine halbwegs rechtzeitige Einigung über den Status der Bundeslehrer möglich sein würde – und gewann.
  • Nach dem „Jahrhunderthochwasser“ 2002 gelang es, erstmals aus Mitteln der Hochwasserhilfe ein gemeinwesenbezogenes Projekt der Traumabewältigung[7] in 3 betroffenen Gemeinden durchzuführen.
  • Auf Initiative des Politikwissenschafters Tom Schmid gelang es, im Rahmen des „Equal“-Programms des Europäischen Sozialfonds das umfangreichste sozialarbeitswissenschaftliche Forschungsprojekt[8] durchzuführen, das es jemals im Lande gegeben hat (und wohl auf absehbare Zeit gegeben haben wird). Die Fachhochschulen Campus Wien und Oberösterreich waren unter Koordination von St. Pölten eingebunden.
  • Die Umstellung auf ein Bologna-konformes Bachelor-Studium und die Etablierung eines Nachgraduierungsstudienganges für AbsolventInnen der alten Akademien für Sozialarbeit sahen ebenfalls den Standort in der ersten Reihe, die Angebote wurden zum frühestmöglichen Zeitpunkt installiert. Mit Klagen über tempi passati hielt man sich nicht lange auf, sondern versuchte, aus den neuen Bedingungen das Beste zu machen[9].
  • 2007 wurde am Standort das Ilse Arlt Institut für Soziale Inklusionsforschung gegründet. Mit der Namensgebung wurde und wird die originellste der österreichischen Denkerinnen zur Sozialen Arbeit aus der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts geehrt. Neben der Würdigung und Aufarbeitung der Schriften von Ilse Arlt[10] widmet sich das Institut seither der Forschung und Theorieentwicklung.
  • Schließlich betreibt das Team des Standorts nunmehr auf mehreren Ebenen die Akademisierung der Sozialen Arbeit. Mit dem zielgruppenspezifischen Magister-Studiengang wurde ab 2005 AbsolventInnen der Akademien für Sozialarbeit die Möglichkeit geboten, einen Hochschulabschluss zu erreichen. Vorrangig wurde so das Lehrpersonal nachqualifiziert. An der FH St. Pölten wird 2009 das erste forschungsorientierte Masterprogramm der Disziplin in Österreich installiert, und hier wurde 2008 das erste österreichische DissertantInnen-Kolloquium für die Fachwissenschaft der Sozialen Arbeit etabliert. Das Team arbeitet daran, weitere Wege zur Promotion mit sozialarbeitswissenschaftlichen Themen in nationaler und internationaler Kooperation zu eröffnen. Die Zusammenarbeit mit hervorragenden VertreterInnen der deutschsprachigen und internationalen Community soll fortgesetzt und intensiviert werden.

Karl Dvorak war im Kernteam, das die Hochschulstudiengänge entwickelte, spielte im Verein Sozaktiv eine unverzichtbare Rolle und leitete ab 2002 den Diplom- und den Masterstudiengang Sozialarbeit. Seine Wahl zum Vorsitzenden des Kollegiums der FH unterstrich, dass die Soziale Arbeit an der Hochschule angekommen und in sie integriert war.

Sollte man den „Spirit“ des Teams beschreiben, so bieten sich folgende Charakteristika an:

  • Eine geschichtsbewusste Zukunftsorientierung, mit der Bereitschaft, in der Vergangenheit die Spuren der Zukunft zu suchen, Obsoletes leichten Herzens aufzugeben.
  • Strategisches Beharren auf Grundpositionen
  • Die Profession an ihrem Potenzial, nicht an ihrer gegenwärtigen Performance messen.
  • Gemeinwesen- und Sozialraumorientierung im Einzelfall und im Verständnis der gesellschaftlichen Position der Sozialen Arbeit
  • Bedeutung der Interaktionsgestaltung („Beziehung“)

Eine solche Kombination ist keine Selbstverständlichkeit in der Sozialen Arbeit. Diese Positionen werden auch in der Zukunft eine wichtige Rolle spielen, aber unter veränderten Bedingungen, die Thema der weiteren Abschnitte dieses Beitrags sind.

Kleine Hochschulen

In einem hochinteressanten Beitrag hat Dirk Baecker (2007) sich nicht dem gängigen Lamento über den die europäischen Hochschulen spätestens seit 2000 dominierenden sogenannten Bologna-Prozess angeschlossen. Er hat die geforderte Praxisorientierung von Hochschulstudien nicht als ein Downsizing des Bildungsanspruchs interpretiert, sondern ganz im Gegenteil als Hinwendung zur Komplexität: „Nein, Praxisorientierung heißt in der nächsten Universität Komplexitätsorientierung.“ (Baecker 2007:84). Er argumentiert, dass die Hinwendung zu einer beliebigen Praxis notwendigerweise eine Hinwendung zur Komplexität der wirklichen Welt sei:

„Deswegen macht jeder dieser Studiengänge, mit deren Hilfe das einst so wunderbar auf den Bücherregalen geordnete Sachwissen der Buchdruckuniversitäten jetzt kannibalisiert und filetiert wird, selbstverständlich mit den Ressourcen bekannt, die man braucht, um einen Sachverhalt zu durchdringen, ermöglicht jedoch auch jene Praxiserfahrungen, aus denen man lernt, dass ein Sachverhalt auch ein Sozialverhalt ist … Dafür braucht man den Dreischritt von Methode, Theorie und Praxis, nämlich a) die Fähigkeit, zwischen Situationen, in denen man sich festgefahren hat, von Situationen zu unterscheiden, in denen man noch weiterkommt („Methode“), b) die Fähigkeit, ein Problem nicht nur zu erkennen und gegebenenfalls zu lösen, sondern erst einmal als solches zu formulieren, darzustellen und einer möglichen Lösung zuzuführen („Theorie“), und c) die Fähigkeit, mit der Erfahrung umzugehen, dass Situationen von Teilnehmern unterschiedlich definiert werden und noch lange nicht jede gelungene Problemdefinition auch begrüßt wird („Praxis“). Das Steckenbleiben kann den Verhältnissen, den Dingen, wie sie sind, und den Herren, wie sie herrschen, willkommener sein als das Weiterkommen; und die Problemstellung (bestenfalls auch nur eine Problemverschiebung) tritt jenen auf die Füße, die ihr Auskommen mit der bisherigen Problemvermeidung oder Problemlösung hatten.“ (Baecker 2007:84)

„Wie muss man sich die Studiengänge dieser nächsten, kleinen Universitäten vorstellen? Gleichgültig, ob es sich um einen Bachelor in Car-Dealership oder einen Master in Used-Car-Dealership handelt, es geht immer darum, eine exemplarische Tiefenbohrung vorzunehmen, an deren Ende eine Erkenntnis steht, die der Autohändler mit Paul Austers Privatdetektiv teilt, der feststellte, dass er es bei jedem Fall, für dessen Aufklärung er bezahlt wird, gleich mit zwei Fällen zu tun hat: mit dem Fall, für dessen Aufklärung er bezahlt wird, und mit sich, mit seiner Person und deren Fähigkeit und Unfähigkeit in diesem Fall.“ (ebd.)

Es mag das Baecker´sche Beispiel despektierlich erscheinen – vor allem für SozialarbeiterInnen, die ja besonderen Wert darauf legen, dass ihre Profession eine wie keine andere sei, dass sie mit „Car-Dealership“ sicher nicht zu vergleichen sei. Insofern kann man annehmen, dass die von Baecker vorausgesetzte Chance zur „Tiefenbohrung“ bei den Fällen von Car-Dealership eine Entsprechung bei Fällen von „Social Work“ erst recht haben wird. Schließlich wird niemand argumentieren wollen, Fälle der Sozialarbeit benötigten weniger (Selbst-)Reflexion als der Autoverkauf.

In der Konzeption des Bachelor-Studiengangs Soziale Arbeit gelang es dem St. Pöltner Team, einiges an Unruhe unter Studierenden, PraktikerInnen und einigen Lehrenden zu produzieren, indem eine solche fallbezogene „Tiefbohrung“ an zentraler Stelle (erste Bachelor-Arbeit) ins Studienprogramm aufgenommen wurde. Neben einem klassischen Fallbericht, wie er seit Jahrzehnten in der Sozialarbeitsausbildung üblich war und ist, ist auch eine faktenbasierte wissenschaftliche Fallstudie zu verfassen. Diese wird als Forschungsarbeit verstanden, und hat den basalen Kriterien einer wissenschaftlichen Arbeit zu genügen. Die Verunsicherung mancher PraktikerInnen bzw. der Organisationen ist groß: Studierende suchen nach Fakten und Evidenz, sie „müssen“ forschen. Es liegt nahe, sich dieser Zumutung durch die Berufung auf Datenschutz zu erwehren. Aber auch Studierende sind nicht immer glücklich mit der Aufgabe: Sie wollen schließlich helfen, hofften, ein praxisorientiertes Studium gewählt zu haben, und empfinden die Aufforderung zur gedanklichen Distanzierung von der Position der moralisch fraglos auf der „richtigen Seite“ befindlichen handelnden Person als anstrengend, als eine Zumutung.

offene Fachwissenschaft in Zeiten der Online-Kultur

Das Internet hat seine Ursprünge zwar in der Wissenschaftskommunikation und wurde vor seiner Diffundierung in den Alltag vor allem von Universitäten genutzt, trotzdem tun sich die Hochschulen schwer, mit dem Wissensmanagement unter den Bedingungen des umfassenden Siegeszuges des Internets zurechtzukommen. Das hat mehrere Aspekte:

Das Internet als Defizitkultur?

Zahlreiche Lehrende sind (ausschließlich) mit der Buchkultur aufgewachsen und haben ihr Studium zu einer Zeit absolviert, in der das Internet noch keine Rolle spielte. Ihre Skepsis richtet sich gegen das Medium, gegen die neuen Formen der Publikation, gegen die Unmengen von Entertainment- und „Informations“-Schutt, der ganz offensichtlich leicht zugänglich im Internet lagert. Das führt dazu, dass manche von ihnen im Internet aufgefundene Texte generell als nicht zitierfähig betrachten und deren Einbau in Seminararbeiten ablehnen.

Angesichts der großen und ständig wachsenden Zahl an wissenschaftlichen Texten, die auch oder ausschließlich online zugänglich sind, ist eine solche Haltung kontraproduktiv und drängt die Auseinandersetzung mit einer viel wichtigeren Frage in den Hintergrund: Nämlich, woran man heutzutage die wissenschaftliche / fachliche Seriosität eines Textes erkennen kann, egal, in welcher Form er publiziert wurde. Zugegeben: Die Studierenden darin zu unterrichten, ist kein Honiglecken. Es erfordert, sie zu Ent-Täuschen, ihnen manchmal umfangreiche Recherchen, auf die sie stolz sind und für die sie manchmal sogar einiges an Mühe aufgebracht haben (manchmal aber auch nicht), als unzureichend zurückzuweisen. Das ist vor allem für jene Lehrende schwierig, die sich in den seriösen Sektoren des Internet nicht so gut auskennen.

Als ein Beispiel: Die generelle Ablehnung von Wikipedia als Quelle scheint eher kontraproduktiv zu sein. In weiten Wissensbereichen, vor allem beim Allgemeinwissen und bei den größeren wissenschaftlichen Wissensbereichen bietet Wikipedia inzwischen eine sehr gute erste Orientierung. Bei kleineren Fachgebieten, wie zum Beispiel der Sozialen Arbeit, spiegelt Wikipedia allerdings den aktuellen Diskussionsstand nur sehr mangelhaft[11] und bleibt damit eine Quelle ohne nennenswerte Autorität[12].

Die Klagen sind geläufig, dass zuverlässige Information und seriöse wissenschaftliche Texte im Internet nicht zu finden seien bzw. dass im Internet Filter fehlen, z.B. Redaktionen und LektorInnen, wie sie früher das Programm eines Verlages bestimmt haben und als vorgeschaltete Qualitätskontrollen funktionierten, die mangelhafte Texte von vornherein aussortierten. Tatsächlich braucht man heutzutage keine Redaktion mehr, um einen Text zu veröffentlichen. Selbst bei den Printpublikationen (wo die tatsächlich verlagsmäßig ausgewählten, redigierten und lektorierten Publikationen im Feld der Wissenschaft nur mehr einen kleinen Teil der Publikationen ausmachen) kann man sich heute nicht mehr sicher sein, dass ein solches Verfahren der Qualitätsprüfung stattgefunden hat[13]. Die Einschätzung der Qualität eines Textes muss von den LeserInnen selbst erfolgen. Die LeserInnen müssen intelligenter werden, wollen sie Nutzen aus ihren Recherchen ziehen.

Die nostalgische Sehnsucht nach den Zeiten einer restringierten Publikationskultur lebt, wie alle Nostalgie, vom Ausblenden des Problematischen der Vergangenheit. In den Zeiten vor dem Internet haben Studierende der Sozialen Arbeit zwar bei ihren Haus- und Diplomarbeiten ausschließlich auf Printpublikationen zurückgegriffen (es blieb ihnen schließlich nichts anderes übrig), aber der Anteil an problematischer und inhaltlich dürftiger Ratgeberliteratur an den Literaturlisten war z.T. deutlich höher, als es nun der Anteil an internetbasierten Quellen ist.

die Studierenden

Erstsemestrige haben bereits aus ihrer bisherigen Freizeit- und Bildungskarriere Praxiserfahrungen mit dem Internet. Dass sie Erfahrungen haben, heißt aber nicht, dass sie bereits eine kritische und bewusste Nutzung des Mediums gelernt hätten. Viele von ihnen sind medial strukturelle Analphabeten. Sie können zwischen seriösen und unseriösen Quellen nicht unterscheiden. Sie haben noch nicht gelernt, in ihren eigenen Texten die Quellen kenntlich zu machen. Viele von ihnen arbeiten unkritisch mit „copy and paste“, betrachten das Zusammenstellen von (oft unverstandenen) Textbausteinen bereits als hinreichende Rechercheleistung.

Meine Vermutung ist, dass sie sich damit nicht wesentlich von den Studierenden der Vor-Internet-Zeit unterscheiden. Das Problem war damals nur nicht so deutlich sichtbar, und die üble Praxis nicht so leicht nachzuweisen. Das einfache unkritische Rezipieren und Weiterverwenden von Textbausteinen ist schließlich etwas, was immer schon in einer schulischen Praxis systematisch gefördert wurde, und offensichtlich weiterhin gefördert wird. Der Unterschied: Früher war es ausschließlich das Produkt der Lehrenden oder der von ihnen autorisierten Lehrbücher, das (mitunter verständnislos) reproduziert wurde. Heute sind es auch die Auslassungen anderer, vom Lehrpersonal nicht autorisierter AutorInnen, die so in die Texte der Studierenden unreflektiert einfließen.

Das Problem ist also das gleiche geblieben, geändert hat sich die Sichtbarkeit, und geändert hat sich die Position der Lehrenden. Konnten sie sich früher darauf verlassen, dass sie vor allem für recherchefaule Studierende die einzige Quelle des Wissens waren, müssen sie nun mit der Schmutzkonkurrenz von dümmeren, aber auch klügeren AutorInnen rechnen.

Auf Hochschulniveau ändert sich die zentrale Herausforderung des Lehrens durch diese neue Situation: Es kommt darauf an, die Studierenden in die Lage zu versetzen, zwischen „guten“ und „schlechten“ Quellen zu unterscheiden, und die Relativität und Ambivalenz des „Guten“ zu erkennen. Ein kritischer Umgang mit den von ihnen aufgefundenen Quellen ist die zentrale Kompetenz, die sie in der Hochschule zu erwerben haben. Und das gilt nicht erst auf dem Master-Niveau, sondern bereits in den ersten Semestern der Bachelor-Studiengänge. Fit zu sein für eine professionelle Berufstätigkeit und für den Wandel, der in den nächsten Jahren und Jahrzehnten unsere Gesellschaften und die Möglichkeiten, in ihnen tätig zu sein, prägen wird, erfordert diese Kulturtechnik.

die Fachkommunikation

Das Setting, von dem aus die nun folgenden Überlegungen zur Fach- und Wissenschaftskommunikation angestellt werden, kann prägnant (und auf den ersten Blick unfreundlich) skizziert werden: Ein kleiner Fachbereich an einer kleinen (Provinz-) Hochschule – aber immerhin mitten in Europa, im deutschen Sprachraum (der ca. 100 Millionen Personen umfasst, knapp mehr als ein Viertel der Population der Europäischen Union).

  • Klein, das heißt, dass das hauptberufliche Team an ProfessorInnen und DozentInnen gerade eben 10 Personen umfasst. Die Zahl der Studierenden beträgt kaum 300. Dass sich ein Team dieser Größenordnung Ziele setzt, die über eine ordentliche Erledigung der Aufgaben am wenig glamourösen Standort hinausgehen, ist schon beachtenswert – und vermessen.
  • Die Provinzialität des Standorts (die Stadt liegt in der Bevölkerungsstatistik der österreichischen Städte gerade mal an 9. Stelle, mit bloß einem Fünftel der Größe von z.B. Graz) wird durch die Nähe zur Millionenstadt Wien eher betont als abgeschwächt. Für einen Hochschulstandort fehlen die kritische Masse an Lehrenden und Studierenden sowie an wissenschaftlichen Einrichtungen, um eine lebhafte intellektuelle (und gastronomische) Kultur entstehen zu lassen. Die kleine Hochschule stellt daher in Stadt und Region so etwas wie eine Insel dar, die selbst dafür sorgen muss, dass Bedingungen der Möglichkeit von Bildung und Erwerb eines wissenschaftlichen bzw. professionellen Habitus durch die Studierenden geschaffen werden. Provinzialität legt nahe, dass die örtliche Bindungen transzendierende und relativierende Funktion des Internets bei der Positionierung des Teams und der Studiengänge eine wichtige Rolle spielen könnte.

Diese Überlegungen gelten offensichtlich nicht nur für die Soziale Arbeit. Wieso klammert sich dieses Team an die Sozialarbeit, an deren Entwicklung zu einer Wissenschaftsdisziplin? Wie kann man in ein solches wenig chancenreiches Unterfangen diese Energie investieren? Es wäre doch leichter und nahe liegender, sich an bewährte Stränge anzuschließen,.

Aus scheinbarer Provinzialität kann Ehrgeiz erwachsen, sie hat unbestreitbare Vorzüge: Wenn man nicht von den Anforderungen lokaler Träger überschwemmt wird, sondern einen größeren Einzugs- und Referenzbereich benötigt, gewinnt man Freiheiten. Und den Studierenden und DozentInnen, die man aus einem größeren Raum anlocken will, muss man Attraktives bieten, was sie in den ihnen nächstgelegenen Standorten nicht finden. In Österreich gibt es keine zentrale Bewirtschaftung von Studienplätzen, man befindet sich in einer relativ offenen Konkurrenz. Besonders gut und profiliert zu sein, liegt im Interesse der AbsolventInnen und der DozentInnen. Die einen erwerben mit ihrem Abschluss an einem profilierten Studiengang bessere Chancen auf dem Arbeitsmarkt, die anderen können nur angeworben und gehalten werden, wenn Lehre an diesem Standort ihnen privilegierten Zugang zur fachlichen und wissenschaftlichen Community bietet, wenn sie symbolisches Kapital durch ihre alles andere als provinzielle Lehr- und Forschungstätigkeit erwerben können. Das erkannt zu haben, ist ein Verdienst des St. Pöltner Teams. Und diese Herausforderung wird auch in den nächsten Jahren nicht kleiner werden.

Die Vorzüge der Internet-Ära zu nutzen, das erfordert eine aktive Ausrichtung der Lehr- und Forschungstätigkeit auf eine offene Wissenschaftskommunikation:

  • Umfangreiche Darstellung der eigenen Lehr- und Forschungstätigkeit auf eigenen Websites.
  • offene Publikationspolitik, möglichst viele Texte sollten auf den eigenen und anderen Fach-Websites veröffentlicht werden. Dadurch wird die Wahrscheinlichkeit erhöht, dass Interessierte bei der Recherche zu Fachthemen auf Publikationen des Standorts stoßen. Die Attraktivität des Standorts wird dadurch erhöht.
  • Interne Angebote (z.B. Online-Lernplattformen) sollten dazu genutzt werden, um über die Pflichttexte der Lehrveranstaltungen hinaus eine Auswahl von Texten, Nachrichten und Links den Studierenden und Lehrenden zur Verfügung zu stellen. Damit wird offenes Denken, der Diskurs über interdisziplinäre Fragen, angeregt. Die Auswahl der Texte ist selbst bereits ein Statement, das über das hinausreicht, was vom Lehrpersonal direkt angeboten werden könnte.

Eine solche offensive Publikationspolitik verändert den Charakter von Bildungs- und Forschungseinrichtungen. Sie sind nicht mehr nur auf die Fortsetzung einer Lehraufgabe für ihre Studierenden konzentriert, sondern müssen ihre Mission als eine übergreifende verstehen, als eine Aufgabe als Akteure in einem fachlichen und wissenschaftlichen Diskursfeld im Sprachraum. Im günstigen Fall lernen auch die Studierenden, dass ihr Studium nur der Anfang eines Lernprozesses ist, dessen Abschluss gar nicht wünschenswert wäre, sondern der im Gegenteil eben nur der Beginn ist, ihnen die ersten Schritte in einem faszinierendem Universum des Wissens und Nichtwissens ermöglicht, und eine Orientierung in der Unübersichtlichkeit des Wissens-Universums durch die Fokussierung auf die thematischen Schwerpunkte ihres Studiums.

Soziale Arbeit studieren, lehren, praktizieren

Manche Studierende zeigen sich überrascht, dass von ihnen schon im Bachelor, schon in den ersten Semestern, das Erlernen basaler Fertigkeiten wissenschaflticher Herangehensweisen gefordert wird. Auch wenn mit dieser Ausrichtung manchmal Unverständnis geerntet wird, wäre ein Abgehen davon fatal.

Moderne Professionalität erweist sich nämlich nicht in der bloßen Beherrschung berufstypischer Abläufe und eines Kanons berufsspezifischen Wissens, sondern auch und immer mehr in der Fähigkeit, das eigene Wissen als fragwürdig zu erkennen.

„Die Kompetenzen, zu denen die Universitäten jetzt zu befähigen beginnen, … sind Kompetenzen und Talente, die ihre Expertise daraus beziehen, dass sie es methodisch, theoretisch und praktisch gelernt haben, mit Nichtwissen umzugehen. Wer das nicht kann, kann gar nichts. Doch wer das kann, kann darauf aufbauend jedes denkbare Wissen erwerben, ohne dieses mit Gewissheit zu verwechseln und so Kompetenz und Talent wieder aufs Spiel zu setzen.“ (Baecker 2007:84)

Professionalität im 21. Jahrhundert ist eine Professionalität des Zweifels und der Grenzüberschreitung. Studierende, die in den Gymnasien manches gelernt haben, kaum jemals aber den (selbst-)kritischen Umgang mit Wissen und Nichtwissen, werden damit Probleme haben müssen. Die Bewältigung dieser Ent-Täuschung eröffnet ihnen aber eine gute Ausgangsposition auf einem Arbeitsmarkt, in dem immer weniger zählt, was jemand ursprünglich gelernt hat, und umso mehr, was der Person gelingt, daraus zu machen. Dies mag in Österreich noch nicht so erkennbar sein, wo die restriktive Politik Studienplätze in der Sozialen Arbeit äußerst knapp hält. Die Verknappung des Angebots am Arbeitsmarkt für SozialarbeiterInnen führte bisher allerdings nicht dazu, dass die Bezahlung dieser knappen ExpertInnen nach oben ging, wie es eigentlich zu erwarten gewesen wäre. Vielleicht hat das etwas damit zu tun, dass sie gegenüber den traditionell wissenschaftlich ausgebildeten KonkurrentInnen tatsächlich nicht konkurrenzfähig waren und sind. Das zu ändern, ist Ziel des Bachelor- und Master-Programms Soziale Arbeit an der FH St. Pölten. Ent-Täuschungen sind dabei vorprogrammiert, werden erwartet, und sind erwünscht.

Doch nicht nur Studierende, sondern auch Lehrende haben manchmal ihre liebe Not mit neuer Professionalität und den Erfordernissen neuer Lehre. Über Jahrzehnte hatte sich eine (nicht nur österreichische) Kultur der Lehre der Sozialen Arbeit etabliert, in der die DozentInnen aus den Bezugswissenschaften manchmal mit einer gewissen Herablassung lehrten, was sie an Wissen für die „kleinen“ SozialarbeiterInnen aus ihrem Gegenstandsbereich für sinnvoll hielten, und die LektorInnen und DozentInnen mit Sozialarbeitshintergrund sich vorrangig durch ihren Praxisbezug, also durch das „Handwerkliche“, und durch ihre Fähigkeit zum Aufbau von „Beziehungen“ legitimierten. Im neuen Team für den Bachelor-Studiengang gibt es bei den LektorInnen nun einen größeren Anteil von SozialarbeiterInnen als jemals zuvor. Und doch wird manchen LektorInnen der Studiengang fremd, sehen sie das, was sie unter Sozialarbeit verstehen, unterrepräsentiert. Dazu trägt auch die Präsenz von „neuen SozialarbeiterInnen“ im DozentInnenteam bei: Sie haben eine weitere wissenschaftliche Ausbildung, legen einen stärkeren Akzent auf Lehrformen und Inhalte, die früher eher der Universität zugeordnet worden waren: Kritische Recherche, Evidenzbasierung von fallbezogenen Einschätzungen, Einhaltung von Regeln forschenden Arbeitens.

Beziehungsarbeit und Haltung

In der Sozialarbeitskultur hat die Überzeugung Tradition, dass professionelle Soziale Arbeit vorwiegend aus Beziehungsarbeit bestehe, und dass für eine erfolgreiche Praxis die Haltung wichtig sei. Tatsächlich finden sich auch in der Methodenliteratur über die Jahrzehnte zahlreiche Hinweise in diese Richtung. Ohne auf diese Literatur im Einzelnen in diesem Rahmen eingehen zu können, sei kurz skizziert, inwiefern diese Argumentation ihre Berechtigung hat:

Sozialarbeit ist Arbeit mit Menschen, mitunter recht intensive Arbeit mit (benachteiligten) Menschen. Es werden existenzielle Fragen der KlientInnen berührt. Im Gegensatz zu der bürokratischen / routinierten Abwicklung von Programmen besteht die professionelle Leistung der Sozialarbeit vorrangig in folgenden Leistungen:

  • Erschließung der Lebenslage und der subjektiven Perspektive der KlientInnen
  • Design eines individualisierten Unterstützungsprogramms, das die standardisierten Programmvorgaben gleichzeitig sowohl unter-, wie auch überschreiten kann (und das meist auch wird)
  • Moderation und Kontrolle des Unterstützungsprozesses unter Aufrechterhaltung des Kontakts zu den KlientInnen, um deren Teilnahme nach deren Möglichkeiten zu gewährleisten

Um diese Aufgaben wahrnehmen zu können, sind eine Reihe von Kenntnissen / Fertigkeiten erforderlich:

  • Genaue Kenntnis über die Unterstützungsprogramme, deren Möglichkeiten und Grenzen
  • Fähigkeit, mit den KlientInnen einen Kontakt herzustellen, der ihrer Beteiligung förderlich ist. Dafür sind Fähigkeiten der „Beziehungsgestaltung“ erforderlich:
    • Inszenierung von Respekt
    • Interesse an der spezifischen Lebenslage der KlientInnen
    • Fähigkeit, an der derzeitigen (inneren und äußeren) Situation der KlientInnen anzuknüpfen
    • Selbstbeobachtung und Selbstkritik
    • kritische Würdigung von vermeintlichen und tatsächlichen „Facts“ (also: kritische Haltung gegenüber dem, was der Alltagsverstand an Deutungen nahelegt)
    • Kenntnis von Techniken der förderlichen Kommunikation (Gesprächsführung)
  • Darüber hinaus: Grundkenntnisse über die Möglichkeiten und Formen, wie Menschen die Fähigkeit zur Selbststeuerung verlieren können bzw. sie eingeschränkt werden kann (Psychopathologie, Suchtprozesse, Krisen etc.)

Aus dieser Auflistung geht hervor, dass der Aufbau und die Gestaltung von respektvollen Beziehungen mit der Ausrichtung auf den Versuch des „Verstehens“ einen Schwerpunkt beruflicher Qualifikation und Sozialisation auszumachen hat. Offen bleibt dabei vorerst, inwieweit und in welchen Settings auch die Herstellung einer „Bindung“ der KlientInnen zu den SozialarbeiterInnen erwünscht ist.[14] Offen bleibt auch die Frage, ob das Erlernen von professioneller Beziehungsgestaltung in einem Studium, also sozusagen auf dem Trockendock, gelingen kann. Die Frage der „Haltung“ ist schwieriger zu bewerten.

In Teilen der klassischen Methodenliteratur wird „Haltung“ als notwendiges Element professioneller Sozialarbeit thematisiert, um darauf zu verweisen, dass die richtige Vorgehensweise angesichts der bunten Vielfalt von Fällen / Individuen / möglichen Konstellationen nicht restlos über Kommunikationsregeln vermittelt und gelernt werden kann[15]. Daher bedürfe es einer „grundlegenden Ausrichtung“ (Biestek 1970) der Profis, an der sie unter Würdigung der konkreten Situation ihre Interventionen orientieren. Dieses Verständnis der sozialarbeiterischen Professionalität verlangt viel von den einzelnen professionellen AkteurInnen. Das Mittel zum Erlernen der Haltung und vor allem der passenden Konkretisierung der Haltung im Fall ist die Reflexion über die eigene Vorgehensweise und deren Begründungen. Diese Reflexion kann im Team bzw. in einer professionellen Fallsupervision erlernt und perfektioniert werden. Das Modell orientierte sich an den Professionalisierungsformen der Psychoanalyse.

Wie die „Haltung“ denn nun zu definieren sei, ist aber keineswegs eindeutig. Sie enthält Elemente eines (berufs-) ethischen Grundverständnisses, einige Leitsätze zur Gestaltung der Kommunikation, die Forderung nach Selbstreflexion, nach einer grundsätzlichen Solidarität mit den KlientInnen (aber auch der Gesellschaft) usw.

Was unter „Haltung“ verstanden wird, überschneidet sich mit einem entwickelten Berufsethos. Für dieses die Basis zu legen, ist zweifelsohne Aufgabe der berufsbezogenen Hochschulbildung, kann von ihr aber nicht alleine geleistet werden. Wie bereits von Markowitsch (2001) in seiner lesenswerten Reflexion über praxisbezogene Hochschulbildung dargestellt, vollzieht sich das Erlernen eines professionellen Habitus wesentlich in Bereichen, die von den Curricula nur begrenzt erfasst werden (können). Die Studierenden erlernen gleichzeitig den hochschulischen Habitus mit seinen Werten und im informellen Umfeld der Hochschule und im Praxisfeld eignen sie sich den Habitus der Profession an. Die Praxis  ist nichts, was dem Studium rein äußerlich wäre oder erst nach dessen Abschluss Bedeutung erlangte. Sie kommentiert und ergänzt das Studium und fordert die Studierenden zur Auseinandersetzung mit Problemen und Widersprüchen auf, zwingt sie dazu, sich selbst zu positionieren und ein eigenes Rollenmodell in Ansätzen zu entwickeln. Im Studium ist das Praxisfeld nicht nur durch die Praktika präsent, sondern auch durch LektorInnen und DozentInnen, die gleichzeitig im Praxisfeld tätig sind oder das zumindest längere Zeit waren.

Nun sind es nicht die schlechtesten PraktikerInnen, die in der Hochschule lehren. In aller Regel (oder: im günstigen Fall) sind es MeisterInnen ihres Fachs. Sie haben Vorstellungen von einer „richtigen“ Berufsausübung, und sollten notwendigerweise höhere Standards setzen, als im Praxisfeld selbst gängig sein mögen. Gleichzeitig wird an sie die Forderung gestellt, den hochschulischen Werten zu genügen, zum Beispiel selbst einen kritischen Umgang mit Wissen oder vermeintlichem Wissen zu pflegen. Sie verstehen sich an der Hochschule als VertreterInnen der Praxis, in der Praxis – so bleibt zu hoffen – als VertreterInnen der Hochschule. Sie haben eine schwierige Doppelrolle, sie personifizieren die Ansprüche und Illusionen beider Welten.

Praxisbezogene Bildung an der Hochschule erzeugt eine doppelte Frustration unter den PraktikerInnen:

  • Die Studierenden und AbsolventInnen wissen immer zu wenig. Das Praxisfeld der Sozialen Arbeit ist heute so ausdifferenziert, dass es unmöglich geworden ist, den Studierenden für alle Bereiche der Praxis das nötige Basiswissen zu vermitteln. In nahezu jedem Teilfeld der Praxis, in das sie als PraktikantInnen oder später als BerufsanfängerInnen einsteigen, sind sie deshalb stets unterqualifiziert und müssen sich das bereichsspezifische Wissen erst aneignen. Aus der Sicht der dort bereits länger tätigen PraktikerInnen ist dieses Wissen aber essenziell, und dessen Fehlen ein skandalöser Mangel.
  • Die Studierenden und AbsolventInnen wissen immer zu viel. Sie bringen von ihrer hochschulischen Lernerfahrung Wissen und Ansprüche in die Praxis, die dort noch nicht vorhanden oder schwierig einlösbar sind. Es ist nahe liegend, das dann als „abgehoben“ zu kritisieren.

Besonders deutlich zeigt sich diese Doppelenttäuschung, wenn die hochschulische Bildung für den Beruf noch relativ neu ist. Es gibt im Praxisfeld noch wenige Akteure, die selbst auf diesem Niveau ihre Ausbildung gemacht haben. Der Beruf, der eine relativ starke Identität hatte und hat, zu dessen Selbstbild aber immer auch Unsicherheit über den eigenen Status und Ärger über vermeintliche oder reale gesellschaftliche Geringschätzung gehörte, ist dabei, sich auszudifferenzieren, die Grenzen zu den Nachbarberufen verwischen sich. Es liegt nahe, die schmerzlichen Prozesse, die dabei unvermeidlich sind, der Hochschule zuzuschreiben.

So können temporäre Koalitionen der Unzufriedenheit und Verunsicherung entstehen. Zum Beispiel Koalitionen zwischen PraktikerInnen, manchen Lehrenden aus der Praxis, und manchen Studierenden gegen die „Zumutung“, dass im Studium forschende und (selbst-)kritische, faktenbasierte Herangehensweisen favorisiert werden. Auf der anderen Seite ist es aber möglich, dass Lehrende, die auch eine universitäre Sozialisation genossen haben, ihre sozialwissenschaftliche Methodenausbildung hoch schätzen und die ihnen bekannten Forschungsverfahren allzu stringent in das Sozialarbeitsstudium einzubringen versuchen. Die Übergangsphase zu einer selbstreflexiven und wissenschaftlich informierten Sozialen Arbeit wird wohl ein bis zwei Jahrzehnte dauern. So lange wird es brauchen, bis die Mehrzahl der Lehrenden an den Studiengängen in der eigenen Disziplin ein Doktorat erreicht haben, und bis ein Großteil der PraktikerInnen auf Basis einer Hochschulbildung ihren Beruf ausüben. Doch dann wird der Beruf nicht mehr der gleiche sein. Die Wissensbestände der Sozialen Arbeit werden mit denen der Nachbarwissenschaften und Nachbarprofessionen noch stärker vermischt sein, im günstigen Fall wird das disziplinspezifische Wissen über die Ambivalenz von organisierten Unterstützungsprozessen auch von anderen Disziplinen und Berufen breit aufgegriffen werden. Chancenreich werden die AbsolventInnen von Sozialarbeitsstudiengängen auf dem Arbeitsmarkt dann sein, wenn sie nicht ihren Wissens-Schrebergarten sorgfältig umzäunen, sondern sich offensiv und lernbereit in die Gestaltung der demokratischen Gesellschaft einmischen. Darin hat die Soziale Arbeit durchaus eine herzeigbare Tradition, an die es anzuknüpfen gilt.

Letztlich wird die Identität der Sozialen Arbeit prekär bleiben. Die Profession, das Studium und die Wissenschaft wollen sehr viel, sie wollen mehr, als realistischerweise zu erwarten und zu erreichen ist. Die SozialarbeiterInnen sollen Wunderwuzzis sein, fit sowohl in der Beziehungsarbeit, als auch in der wissenschaftlichen Reflexion und in ihrem Berufsethos, ihrer „Haltung“. Und sie sollen ExpertInnen und TechnikerInnen der Sozialen Innovation sein. Diese Ansprüche erlauben es nicht, Sozialarbeits-Studiengänge bescheiden anzulegen. Im Gegenteil: Tendenziell benötigen sie ausgezeichnete, wissensdurstige und ehrgeizige Studierende, die im Studium auch gefordert werden, und zwar bereits im Bachelor-Studium, wo die Grundlage für das Berufsverständnis gelegt wird.

Studiengänge als Kristallisationspunkte

Diese Überlegungen führen schließlich zu einer strategischen Konzeption in der Gestaltung der Studiengänge und der ihnen zugeordneten Forschungsinstitute. Wieder sei auf Dirk Baecker verwiesen: 

„Jede interne und externe hochschulpolitische Entscheidung wird sich immer wieder nur auf ein einziges Problem beziehen und daran messen lassen, nämlich auf das Problem der hinreichenden Autonomie eines Studiengangs, sich einen fachlichen Zuschnitt zu geben, um Studierende zu werben und sie auszuwählen, Dozenten zu rekrutieren und zu halten sowie den Kontakt zur Praxis zu suchen und zu pflegen.“ (Baecker 2007:85)

Die österreichischen Fachhochschul-Studiengänge Soziale Arbeit haben den Vorteil, ihre Studierenden auswählen zu können. Was ihnen noch abgeht, ist eine Strategie der Öffentlichkeitsarbeit, die gezielt potenzielle Studierende erreicht, die für die komplexen Aufgaben des Berufs geeignet sind und auf dem umkämpften Arbeitsmarkt ausgezeichnete Chancen hätten. So ergeben sich klare Herausforderungen für die nächsten Jahre:

  • Der aktive InteressentInnenkreis für ein Studium der Sozialen Arbeit sollte dringend den Erfordernissen der Profession und des Arbeitsmarkts angeglichen werden: Die Studiengänge benötigen ein ausgeglicheneres Geschlechterverhältnis, einen höheren Anteil von BewerberInnen mit Migrationshintergrund, und sie benötigen mehr Studierende, die die Wahl der Disziplin auch als intellektuelle und persönliche Herausforderung zu begreifen bereit sind.
  • Die Wahl der DozentInnen wird an zukünftigen Herausforderungen zu orientieren sein: wissenschaftlich gebildete MeisterInnen des Fachs im Bachelor-Programm, MeisterInnen der Forschung, Theorie und Innovation im Master-Programm. Dabei ist weniger wichtig – wahrscheinlich sogar kontraproduktiv – dass ein konsistentes theoretisches Programm (eine „Schule“) den Studiengängen ein Profil gibt. Die Vielfalt auf hohem Niveau ist besser geeignet, Studierende zu selbständiger Positionierung in einem herausforderungsreichen Feld des Wissens und der beruflichen Meisterschaft anzuregen. Die DozentInnen können und sollen also eigensinnig, umstritten, „schwierig“ sein. Sie können und sollen zu Widerspruch anregen. Und sie sollen diese Atmosphäre am Studiengang schätzen, dadurch zum Bleiben angeregt werden.
  • Ähnliches gilt für das Forschungs- und Entwicklungsprogramm. Brave Auftragsforschung wird zu wenig sein. Mit jedem Forschungsprojekt stellen sich Fragen der Innovation, der theoretischen Einbindung der Ergebnisse, der Verbindung der Forschungstätigkeit mit der Lehre und dem Bild von der Disziplin und ihren Aufgaben.

 Hochschulintern muss klar werden, dass es der Hochschule nur so gut geht, wie es den Studiengängen gelingt, in ihrem Feld eine herausragende Position zu erringen. Auf den Standort St. Pölten bezogen: Die St. Pöltner Hochschule wird dann eine gute Position erringen können, wenn ihre Studiengänge in ihrem jeweiligen fachlichen Bereich „berühmt“ werden. Eine solche Position zu erlangen, ist alles andere als einfach. Das St. Pöltner Team ist auf einem guten Wege dazu, wenn es sich den skizzierten Herausforderungen weiterhin stellt.

  

Literatur

Baecker, Dirk (2007): Kleine Universitäten. Dichte Vernetzungen im globalen Kampf um geistige Kapazitäten. In: Lettre International Sommer 2007.  S. 82-85.

Biestek, Felix (1970): Wesen und Grundsätze der helfenden Beziehung in der sozialen Einzelhilfe. Freiburg im Breisgau.

Brandstetter, Manuela / Pantucek, Peter / Stattler, Ursula (2007): Ausgewählte Thesen zur sozialraumorienierten Kurzintervention in der Zusammenarbeit mit Gemeinden in Niederösterreich. In: http://www.sozialraum.at/texte/lang_SROkurzberatung.pdf. St. Pölten.

Bude, Heinz (2004): Das Phänomen der Exklusion. Der Widerstreit zwischen gesellschaftlicher Erfahrung und soziologischer Rekonstruktion. In: Mittelweg 36, Nr. 4/2004.  S. 3-15.

Castel, Robert (2000): Die Metamorphosen der sozialen Frage: eine Chronik der Lohnarbeit. Aus dem Französischen von Andreas Pfeuffer. Konstanz.

Equal-EntwicklungspartnerInnenschaft Donau – Quality in Inclusion (Hg.) (2007a): Gemeinsam über Qualität nachdenken. Ein Leitfaden zur Reflexion über den Prozess der Fremdunterbringung. St.Pölten.

Equal-EntwicklungspartnerInnenschaft Donau – Quality in Inclusion (Hg.) (2007b): Sozialer Sektor im Wandel. Zur Qualitätsdebatte und Beauftragung Sozialer Arbeit. Linz.

Flaker, Vito / Schmid, Tom (Hg.) (2006): Von der Idee zur Forschungsarbeit. Forschen in Sozialarbeit und Sozialwissenschaft. Wien.

Lange, Josef / Fellöcker, Kurt (Hg.) (1997): Sozialarbeit im ländlichen Raum. St. Pölten.

Maiss, Maria / Pantucek, Peter (2008): Theorie mit Leidenschaft. Ilse Arlt und aktuelle Fragen der Sozialen Arbeit. In: Soziale Arbeit Nr.6.  S. 202-211.

Markowitsch, Jörg (2001): Praktisches akademisches Wissen. Werte und Bedingungen praxisbezogener Hochschulbildung. Wien.

Pantucek, Gertraud / Pantucek, Peter (2003a): Gemeinwesenprojekt Hochwasserhilfe Grafenwörth - Kirchberg - Königsbrunn. Abschlussbericht. St. Pölten.

Pantucek, Gertraud / Pantucek, Peter (Hg.) (2003b): Hochwasser 2002, Grafenwörth - Kirchberg - Königsbrunn. Eine Text- und Bildchronik. St. Pölten.

Pantucek, Peter (2001): Qualitätssprung oder Entfremdung von der Praxis? Die Zukunftsperspektiven der Sozialarbeit nach dem Start der ersten Fachhochschulstudiengänge in Österreich. In: Informationsblatt des Niederösterreichischen Berufsverbandes Diplomierter SozialarbeiterInnen, September 2001.

Pantucek, Peter (2005): Soziale Diagnostik. Verfahren für die Praxis Sozialer Arbeit. Wien und Köln.

Pantucek, Peter (2006a): Die Zukunft der beruflichen Anforderungen und Kompetenzen in der Sozialen Arbeit. In: Mosberger, Brigitte / Sturm, René (Hg.): Wer hilft den HelferInnen? Beiträge zur Fachtagung “Kompetenzen, Berufsfelder und Arbeitsbedingungen von SozialarbeiterInnen”. Herausgegeben vom Arbeitsmarktservice Österreich: AMS report 47. Wien. S. 22-30.

Pantucek, Peter (2006b): Vom DSA zum Bachelor. Umbauarbeiten bei der akademischen Qualifizierung für die Soziale Arbeit und der St.Pöltner Weg. In: http://www.kaernten-sozialarbeit.at/content/archiv/archiviert/2006/060430pantucek.pdf.

Pantucek, Peter (2007): Leitlinien zur Organisation der Fremdunterbringung und zur Vergabe von Aufträgen. Ein Vorschlag zur Weiterentwicklung des Systems der Jugendwohlfahrt. Herausgegeben von der Equal-EntwicklungspartnerInnenschaft Donau – Quality in Inclusion. In: http://juwo.sozialraum.at/Leitlinien.pdf. St. Pölten.

Pantucek, Peter / Vyslouzil, Monika (Hg.) (1998): Theorie und Praxis Lebenswelt-orientierter Sozialarbeit. St.Pölten.

Pantucek, Peter / Vyslouzil, Monika (Hg.) (1999): Die moralische Profession. Menschenrechte und Ethik in der Sozialarbeit. St.Pölten.

Pflegerl, Johannes / Viertelmayer, Andrea (2007): Qualität im Prozess der Fremdunterbringung. In: Verein pro mente kinder-jugend-familie (Hg.): Außerfamiliäre Betreuungsformen von Kindern und Jugendlichen. Bericht zur 8. Wissenschaftlichen Tagung der Österreichischen Gesellschaft für interdisziplinäre Familienforschung,Universität Klagenfurt, 3. und 4. November 2006. Klagenfurt. S. 40-42.

Schetsche, M. (1996): Die Karriere sozialer Probleme – Soziologische Einführung. München.

Sidler, Nikolaus (1989): Am Rande leben - abweichen - arm sein. Konzepte und Theorien zu sozialen Problemen. Freiburg im Breisgau.

Vyslouzil, Monika / Lesnik, Maria (1998): Sozialarbeit von, mit und für Frauen. Lebenswelt ländlicher Raum. St. Pölten.

Weniger, Christian (2008): Das taktische Führungsverfahren: wissenschaftliche Methode oder nicht nachvollziehbares Handeln aus dem Bauch. In: Armis et Litteris, Militärwissenschaftliche Schriftenreihe FH-Diplomstudiengang „Militärische Führung“, Nr. 19. Wr. Neustadt. S. 29-45.



[1] Ich verwende hier die Formulierung „im Abseits“, weil sie in ihrer Unbestimmtheit umfassender ist, als andere Vokabel. Während lange Zeit in der Diskussion über gesellschaftliche Schichtung die Frage der Armut dominant war, kommt nun eine Diskussion über die „Überflüssigen“ und die „Ausgeschlossenen“ auf (vgl. Bude 2004, Castel 2000).

[2] Gemeint ist hier eine soziologische / politikwissenschaftliche Sicht, die die Definition von „sozialen Problemen“ als einen politischen Prozess der Thematisierung und Durchsetzung von Interessen versteht (Schetsche 1996, Sidler 1989)

[3] In der Folge ist in diesem Text, wenn „Sozialarbeit“ als Terminus verwendet wird, immer die professionelle Sozialarbeit gemeint.

[4] Das war keineswegs eine Selbstverständlichkeit. Manche andere Trägergesellschaften wollten die Sozialarbeit nicht im vorrangig für technische Studien konzipierten Fachhochschulwesen haben.

[5] Die Akademien waren rechtlich nicht Hochschulen, sondern Schulen. Sie unterstanden dem Landesschulrat und hatten keine Möglichkeit, in Eigenregie „unternehmerisch“ tätig zu werden, z.B. Anbote für Consulting- oder Forschungsprojekte zu erstellen oder Bücher herauszugeben.

[6] Einige Publikationen der sozaktiv-Reihe fanden in der Fach-Community Beachtung und sind weiterhin lesenswert. Sie markieren auch das Themenspektrum, das weiterhin am Standort gepflegt wird. Von den ersten Bänden der Reihe (Lange/Fellöcker 1997; Pantucek/Vyslouzil 1998; Reichel/Dvorak 1998; Vyslouzil/Lesnik 1998; Pantucek/Vyslouzil 1999) reicht der Bogen bis zu Pantucek 2005 und Flaker/Schmid 2006.

[7] Sh. dazu Pantucek/Pantucek 2003a und 2003b.

[8] „Donau – Quality in Inclusion“ war ein Forschungsprojekt zu Qualität und Qualitätsstandards in der Sozialen Arbeit und wurde, dotiert mit knapp 2 Millionen Euro, von 2005 bis 2007 durchgeführt. Einige der daraus resultierenden Publikationen: Equal-EntwicklungspartnerInnenschaft 2007a, 2007b; Brandstätter/Pantucek/Stattler 2007: Pantucek 2007; Pflegerl/Viertelmayr 2007.

[9] Zur Konzeption von Sozialarbeits-Bildung an der Hochschule und zu den Grundzügen des Bachelor-Programms in St. Pölten sh. Pantucek 2001, 2006a und 2006b.

[10] Ein erstes Arlt-Kolloquium widmete sich 2007 der theoretischen Arbeit von Ilse Arlt, eine Neuherausgabe der Arlt-Schriften wird am Ilse Arlt Institut von Maria Maiss betrieben. Sh. dazu auch Maiss/Pantucek 2008.

[11] Das hat mit dem Organisationsmodell von Wikipedia zu tun. Je größer (oder aktiver) der qualifizierte InteressentInnenkreis an einem Stichwort ist, umso größer ist die Wahrscheinlichkeit, dass falsch gewichtete Stichwortartikel (rasch) korrigiert werden. Je kleiner der Kreis der kenntnisreichen NutzerInnen ist, umso geringer wird diese Wahrscheinlichkeit. So spiegeln die Artikel der englisch-sprachigen Ausgabe von Wikipedia den Stand der Diskussion zu Social Work deutlich besser, als die deutsch-sprachige Wikipedia die Diskussion in Deutschland, der Schweiz und Österreich. Die schlechte Qualität der Stichwortartikel zum Fachgebiet ist eine selbsterfüllende Prophezeiung.

[12] Es könnte ein lohnendes Projekt für die Entwicklung der Disziplin Soziale Arbeit sein, an einer seriösen und repräsentativen Präsenz der Sozialarbeitswissenschaft in Wikipedia zu arbeiten.

[13] Eine Fachlektorierung wird von den Verlagen kaum mehr durchgeführt, einige Verlage, die die neuen technischen Möglichkeiten nutzen, publizieren gerne jede Diplomarbeit per Print-on-demand. Die neuen Technologien revolutionieren auch den Printsektor.

[14] Vokabel wie „Vertrauen“, „Nähe“ und „Distanz“ gehören zu diesem Diskurs und dieser Auffassung der Sozialarbeit als Beruf.

[15] Dieses Problem, dass richtiges Handeln in konkreten Entscheidungssituationen nicht restlos in Regeln aufgelöst und so gelehrt werden kann, kennt nicht nur die Soziale Arbeit. Sh. dazu zum Beispiel die Ausführungen von Weniger (2008:39ff) zu Lehrbarkeit und wissenschaftlicher Begründbarkeit militärischer Taktik.