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Effizientes Krisenmanagement? - Statement zu Drogenkonsumverboten

Konsumverbot in Notschlafstellen?

Im Anschluss an das Referat auf der Tagung der öst. Jugendnotschlafstellen gab es noch folgenden kurzen Diskurs per Mail
November 2004

Sehr geehrter Herr Mag. Pantucek,
ich schreibe ihnen, weil sie vorige Woche bei der Notschlafstellentagung in Salzburg "wagemutig"(?) gesagt haben, dass die Einrichtungen keine Konsumverbote für Jugendliche ("damit schießt man sich ins Knie") erlassen sollen. ich konnte sie leider persönlich nicht mehr darauf ansprechen, aber auch bei den TeilnehmerInnen ist am zweiten Tag noch etwas Verwirrung darüber vorhanden gewesen, weil überall solche Konsumverbote, sowohl in Jugendwohlfahrtseinrichtungen, als auch in den Notschlafstellen und Suchthilfeeinrichtungen, bestehen. ich bitte sie um kurze Aufklärung über ihre Meinung und die dazugehörigen Überlegungen, um diese den TeilnehmerInnen rückzumelden und mich auch nochmals damit auseinanderzusetzen.
ich danke ihnen sehr herzlich, auch für die vielen interessanten Anregungen.
mit lieben Grüßen aus Graz
DSA Monika Meier

 

Liebe kollegin,

zugegeben, ich hab da ein bisserl drastisch dagegen gesprochen, und die
gschicht ist ziemlich schwierig, wie ich weiß, nicht nur, aber auch aus
rechtlichen gründen. ich bevorzuge grundsätzlich akzeptierende arbeit
mit suchtmittelkonsumentInnen, das heißt auch, dass der fakt des
konsums vorerst einmal anzuerkennen ist und dass ich im dialog mit den
klientInnen nicht von vornherein davon ausgehen kann, dass es für sie
besser wäre, nichts zu konsumieren. allein das gibt mir die chance, sie
jetzt einmal zu erreichen. weiters halte ich es für eine illusion, dass
sie ausgerechnet in schwierigen lebensphasen ihren konsum in den griff
bekommen könnten (von einzelfällen einmal abgesehen). worum es gehen
kann, ist also nicht ein verbot als vorgabe, sondern die akzeptanz als
vorgabe. und ausgehend von dieser akzeptanz wäre dann zu verhandeln,
wie dieser konsum im rahmen der einrichtung sozial akzeptabel
stattfinden kann. auch dabei steht u.a. die frage im vordergrund, wie
(unter der bedingung des konsums) unnötiger schaden vermieden bzw.
abgewendet werden kann. da kann man dann mit den klientInnen verhandeln
und eine lösung kann sein, dass sie nur außerhalb der einrichtung
konsumieren (was dann allerdings i.d.r. dazu führt, dass die flaschen
und die spritzen in der nachbarschaft herumliegen und man deshalb
schwierigkeiten kriegt), aber auch, dass sie kontrolliert und
unterstützt in der einrichtung konsumieren. letzteres ist sicher die
größere herausforderung und nicht überall umzusetzen.

wichtig ist mir, dass nicht die verbote im vordergrund stehen und die
erste botschaft sind, wichtig ist mir auch, dass nicht in
kriseneinrichtungen neuerlich der ausschluss von konsumierenden
kindern/jugendlichen betrieben wird. es ist schlimm genug, dass die
jugendwohlfahrtseinrichtungen bisher nicht gelernt haben, sich dieser
sache zu stellen, und das unter der bedingung, dass inzwischen ein
relativ großer teil der kids, die unterstützung durch die
jugendwohlfahrt benötigen und auch einen anspruch darauf hätten,
alkohol oder illegale substanzen konsumieren. m.e. ist es eine
bringschuld der jugendwohlfahrt, ihre dienste so zu organisieren, dass
sie für ihr klientel brauchbar sind (und nicht umgekehrt, es kann also
keine bringschuld der kids sein, sich vor nutzung einer
juwo-einrichtung so zu disziplinieren, dass sie der organisation und
dem personal keine schwierigkeiten bereiten).

vor allem angesichts der inzwischen sehr verbreiteten verwendung von
ritalin und anderen psychopharmaka in jugendwohlfahrtseinrichtungen ist
es m.e. grotesk, sonst in erster linie auf abwehr gegen den konsum von
psychoaktiven substanzen zu setzen.

ich gebe zu, patentlösung habe ich auch keine. das in der diskussion
angesprochene problem, dass man die nicht-konsumierenden, jüngeren kids
vor der konfrontation mit den "kaputten" (ich weiß, so wurde es nicht
genannt) schützen müsste, hat natürlich eine gewisse berechtigung. das
beschränkt sich aber keineswegs auf den suchtmittelkonsum. wir wissen,
dass die gefahr von gewaltattacken, von sexueller belästigung und
sexuellem missbrauch durch andere nutzerInnen gegeben ist, dass
diebstähle und zerstörung von eigentum vorkommen - und dass vor allem
bei letzterem die täterInnen nicht immer zu identifizieren sind. diese
frage des schutzes muss also in allgemeinere überlegungen eingebettet
werden, wie man in kriseneinrichtungen (aber auch in anderen "foster
homes") klientInnen vor mitklientInnen schützt. wege dazu sind z.b.
intensiver personaleinsatz, versperrbare zimmer, notrufe, intensive
hinschauende beschäftigung mit täterInnen und opfern.

natürlich hängt es von der sozialen herkunft der kids auch ab, aber es
ist zu bedenken, dass gewalterfahrungen, konsumierende kids etc. auch
teil der lebenswelt von vielen kids sind, die in unseren einrichtungen
landen. mit einem simplen verbot ist man da meines erachtens noch
keinen schritt weiter. das hab ich gemeint mit meiner etwas harschen
positionierung.

ich hoffe, meine position nun einigermaßen nachvollziehbar erklärt zu
haben, wünsche ihnen viel erfolg bei ihrer arbeit und spannende
diskussionen darüber, wie man auch konsumierenden kids zu angemessener
und respektvoller unterstützung im system der jugendwohlfahrt verhelfen
kann.

liebe grüße
ppan