Der 2020 Krisenblog

Einundvierzigster Tag

Eine seltsame Koalition scheint sich zu bilden dieser Tage. Da sind die extremen Rechten, für
die der Staat sowieso das Feindbild ist und die am liebsten selbst mit der Waffe in der Hand Ordnung machen würden. Da sind die Verschwörungstheoretiker*innen, für die Bill Gates und/oder die Pharmaindustrie und/oder der internationale Kapitalismus die Pandemie selbst oder die angeblich unbegründete Furcht vor ihr angeheizt hätten, um so ihre finsteren Ziele verfolgen zu können. Da sind intellektuelle Linke, zum Beispiel jene, die wieder einmal Foucault ausgraben, den sie so gelesen haben, als lieferte er nur die Beschreibung einer ausweglos sinistren Welt der totalen Herrschaft, aus der es kein Entrinnen gibt. Da sind die radikalen Linken, die faschistische Herrschaft herandämmern sehen. Da sind jene Liberalen, die meinen, es solle sich alles besser selbst regeln, wie ein idealer Markt, und staatliche Regeln führten direkt zur Unmündigkeit und zu einem pandemiegeborenen sozialistischen Zwangsstaat. All jene empören sich und warnen vor finsteren Zeiten der Despotie oder sehen diese schon gekommen. Mir scheinen die Alternativen, die sie anzubieten haben, aber noch finsterer zu sein, muss ich gestehen.
Ich wurde darauf hingewiesen, dass die Formulierung „Liebe Österreicherinnen und Österreicher und alle die hier leben“, wie sie vom Bundespräsidenten verwendet wird, die bessere sei als die einfache Adressierung der Österreicher*innen, wie sie der Kanzler verwendet. Das mag sein, aber es ist auch ungerecht, Nachwuchspolitiker an den Besten zu messen.
Auf meinem Tisch sind Pappelsamen gelandet. Befruchtend.
 
2025-11-23 um 16.55.25