Der 2020 Krisenblog
Achtundvierzigster Tag
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- Erstellt am Sonntag, 23. November 2025 19:18
Irgendwann vor Wochen meinte ich, dass ich beim ersten Rapid-Heimmatch vor Publikum unbedingt dabei sein wolle. Das gilt immer noch, obwohl immer unklarer wird, wann das sein könnte und was der Shutdown mit dem Profifußballgeschäft anstellen wird. Die zahlreichen Ergebnisse und Spielberichte aus der ganzen Welt haben immer ein Gefühl der ständigen Bewegung in einem wohlgeordneten Rahmen verbreitet. Auch wenn man diesen Rahmen kritisieren konnte, so war es doch einer und sorgte noch dazu für Gewusel und kontrollierte Freude, kontrolliertes Entsetzen. Solange es das nicht wieder gibt, ist Ausnahmezustand.
Für andere endete der Ausnahmezustand heute, zumal die Einkaufszentren wieder zugänglich waren. Ich gebe zu, dass mich das wenig bewegte und mich auch zu keinem Ausflug animierte. Gegenüber den Prophezeiungen mancher, dass in dieser Krise die Menschen erkennen würden, was sie alles nicht benötigten, und dass das der Anfang vom Ende des sogenannten Konsumwahns sein könnte, bleibe ich jedoch skeptisch.
Sorgen machen mir die Klagen von Geschäftsleuten über einen ausufernden Bürokratismus bei der Bewilligung von Unterstützungen, zu deren Auszahlung es erst viele Wochen später kommen werde – bye bye Liquidität, der Konkurs lässt grüßen. Nicht dass mich das wundert. Bisher kenne ich das von der Sozialhilfe: Der Liquiditätsbedarf der Ärmsten war allzu oft kein Anlass für die zügige Bereitstellung des Lebensbedarfs, trotz Rechtsanspruch.
Fröhlich stimmt mich, dass der Nasen-Mund-Schutz manchen zum Modeartikel wird, zu einem billigen Distinktionsmerkmal. In Wien Heute (ORF) präsentierten sich Jugendliche stolz in schwarz. Zu befürchten ist allerdings, dass es bald Rolex-Masken geben wird für die neureichen Krisengewinnler und BMW-Masken für halbseidene junge Männer mit fragwürdigen Zukunftsaussichten.
Hat der Erste Mai gestern gelebt? Weiß jemand etwas davon?
Ich bin jedenfalls am Friedhof vorbeimarschiert.



