Der 2020 Krisenblog
Sechsundfünfzigster Tag
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- Erstellt am Sonntag, 23. November 2025 19:52
Wozu etwas selbst noch einmal und anders formulieren, wenn jemand es schon so präzise ausdrückt? Josef Hader im Interview mit der Süddeutschen Zeitung:
„Bei Ihnen auf der Bühne sind Politiker oft Volltrottel. Aber in der Krise funktioniert der Staat. Wächst da neues Vertrauen?
Staat und Vertrauen bringe ich schwer zusammen, ein Staat ist für mich etwas, das soll funktionieren, mehr verlange ich nicht, ein Staat ist für mich wie eine Wasserleitung. Aber ich habe grundsätzlich Vertrauen in die Demokratie. Der beste Beweis dafür, dass sie funktioniert: Es gibt in unseren beiden Ländern jetzt eine breite Diskussion über die Grundrechte. Vertrauen in die Demokratie und Kritik an der Politik, das ist ein Paar Schuhe.
Ist Misstrauen gegen die Obrigkeit nicht erste Kabarettistenpflicht?
Wenn man mit der Obrigkeit einzelne Politiker meint, dann gerne. Aber reflexartig den Staat zu kritisieren, egal, was er macht - das würde Kritik auf dieselbe Stufe stellen wie Verdauung. Verdauung passiert frei von Argumenten und im Bauch. Das sollte Kritik nicht. Grundsätzliches Misstrauen in unseren Staat ist ja nichts anderes als grundsätzliches Misstrauen in unsere Demokratie, in das "System", wie das dann diese Leute gerne ausdrücken. Damit hab ich nichts am Hut.“
Eine neue Facebookfreundin hat einen Wahlspruch, der mir sehr nahe ist: „Tu was du kannst, mit dem was du hast, dort wo du bist.“ Das versuche ich. Skeptisch bin ich gegenüber Ersatzhandlungen, gegenüber einem Sich-Aufplustern gegenüber Aspekten der Welt, die mir nicht gefallen – vor allem dort, wo ich mich nicht so genau auskenne und wo meine realen Einflussmöglichkeiten gegen null konvergieren. Das ist Kraftverschwendung.
Hin und wieder kann ich´s aber nicht lassen. So bewundere ich das Engagement vieler Lehrerinnen und Lehrer, die sich in diesen Wochen großartig bemühten und sich binnen einiger Tage dazu entschlossen, an einer neuen Art von Schule zu bauen. Ich konnte das in der Schule unseres Sohnes beobachten und bin beeindruckt. Da gibt es allerdings einzelne Lehrerinnen und Lehrer, die auf fragende Mails der Schülerinnen und Schüler wochenlang (!) nicht antworteten – auf auffordernde Mails der Eltern, das endlich zu tun, übrigens auch nicht. Diese „Kolleginnen und Kollegen“ verstanden die Situation anscheinend als erfreulichen Zusatzurlaub. Sie sind die klare Minderheit, ich wünsche ihnen eine entschiedene und unmissverständliche Reaktion ihres Dienstgebers.
Das bisserl Regen am späten Nachmittag war viel zu wenig, klar. Aber es setzte betörende Düfte frei, die ich jetzt genieße.
Dass die Biber Bäume fällen, ist bekannt. Mitunter gelingt es ihnen damit, Fotomotive zu generieren. Zumindest für mich, den das Verhältnis von Struktur und Chaos brennend interessiert.



