Ich vermisse die Frage der Anerkennung!

Karl Immervoll ist Betriebsseelsorger im nördlichen Waldviertel und leitet derzeit ein Grundeinkommensprojekt in Heidenreichstein. Er wurde von Manuela Brandstetter gebeten, an der Diskussion teilzunehmen. Hier sein erstes und hoffentlich nicht letztes Statement.

Liebe Manu,

Du hast recht, ich bin kein facebookler, 
obwohl wir bald auch in der Betriebsseelsorge so was haben werden, 
aber das betreut dann unser Jugendleiter!

Ich habe nun gelesen und mich gefragt, was soll ich dazu sagen?
Das sind ja mehr als ein dutzend Themen! - ... und ein Zeugnis von Ratlosigkeit, was ja nichts Unerehrenhaftes ist, doch es sollte zugegeben werden!
Ist es nicht das Problem der "Linken" in Österreich – was immer darunter verstanden wird – dass sie sich nie einig waren und damit politisch unrelevant?
Die soziale Arbeit kann ich ebensowenig erkennen.
Aber ich kenne engagierte Leute und welche die ihren Job (durchaus gut) machen und sonst schweigen (oder sich abgrenzen). 
Bei Vielen vermisse ich auch ein politisches Bewusstsein und orte ein Obrigkeitsdenken, wohl auch aus Sorge um ihren Arbeitsplatz.
Und ich vermisse bei der Diskussion die Frage der Anerkennung. Axel Honneth hat uns ja ziemlich klar gesagt, dass es hier um einen Kampf geht, also sollte dieser Aspekt nicht vernachlässigt werden, denn wir erleben ihn ja.

Angesichts der Wahl in Frankreich stelle ich fest, dass die Unterscheidungen von rechts/links so nicht mehr klar sind.
In der Frage des Grundeinkommens gibt es Unterstützung von beiden Seiten.
Die Trennlinien laufen ganz fein und sind für Normalverbraucher nicht wahrnehmbar.
Und dort liegt das Problem:
Ich arbeite jetzt neu mit 44 Leuten, von denen die meisten klar sagen:
Wenn du ohne Arbeit bist bist du draußen - da hilft dir niemand mehr!
Und dann sind mehr als die Hälfte der TeilnehmerInnen am Projekt keine hier Geborenen.
1%  der Heidenreichsteiner Bevölkerung wollten wir haben, aber viele von denen fühlen sich nicht als HeidenreichsteinerInnen,
weil sie nicht integriert sind auch auch nicht das Gefühl bekommen, dass sich für sie wer (Politik oder Verein?) interessiert!
Da schreibe ich jetzt von ÖsterreicherInnen!
Wie dann erst Menschen fremder Mentalität (oder sogar Hautfarbe) begegnen? 2000 Menschen hat unsere Stadt an EinwohnerInnen verloren, darüber wird gejammert, aber die "Neuen" werden nicht wahrgenommen.
Intellektuelle Auseinandersetzungen und Argumente greifen hier nicht mehr.

Wo steht hier nun die Sozialarbeit? Hat sie überhaupt den nötigen Rahmen?
Welche Unterstützung gibt es von  Parteien? 
– außer jenen, die in Bierzelten und so vermitteln : Wir verstehen euch ja! Wir sind die Einzigen, die für euch da sind!?

Liebe Manu,
ich weiß nicht ob das weiterhilft. Das schreibe ich einfach mal so hin - für dich,
öffentlich nicht in der Form, da müssten wir mal drüber reden.

Liebe Grüße
Karl