Peter Pantuček-Eisenbacher, Wien/St. Pölten

Jahressampler 2011

Wie jedes Jahr: Eine Musikauswahl als Resümee. Diesmal in zwei Teilen.

contemporary 2011pp

retro 2011pp 


 

contemporary 2011pp – Der Jahressampler / Teil 1

Raphael Saadiq – Heart Attack

Retro-Sounds, allerdings auf sehr aktuellem Niveau, das gab´s zu Hauf bei den besseren Releases 2011. Raphael Saadiq hat ein ganz famoses Album („Stone Rollin“) abgeliefert, und der Opener zeigt bereits, wo es lang geht.

 

Aloe Blacc – I Need A Dollar

Noch so ein Stück. Der Song mit dem Betteltext schien mir doch sehr passend für einen Sampler, der von einem Sozialarbeiter zusammengestellt wird.

 

Stateless – Matilda

Stateless hat mit dem Album, das heißt wie dieser Song, ein schönes Stück abgeliefert. Der Song ist nicht ganz so gekünstelt wie manch andere, gerade deshalb habe ich ihn ausgewählt.

 

Eliza Doolittle – I`ll Be Your Pillow

Eine britische Singer-Songwriterin (normalerweise nicht mein Lieblingsgenre), dieser Song ist aber wirklich entzückend.

 

The Decemberists – Don´t Carry It All

New Folk aus Oregon/USA. Ein Mainstream-Überraschungserfolg 2011, und das voll verdient. Glückwunsch an die Dame und die 4 Herren. Die Songs haben eine dunkle Komponente, wirklich sehr fein.

 

Tamikrest – Addektegh

Tinariwen sind ja bekannt, Tamikrest ist eine weitere Tuareg-Band, die bereits eine Reihe wundervoller Alben vorgelegt hat.

 

Aurelio – Laru Beya

Mit der Hilfe von Youssou N´Dour hat der aus Honduras stammende schwarze Musiker und Politiker Aurelio Martinez 2011 ein Album vorgelegt. Es bleibt zu hoffen, dass seine politische Karriere der musikalischen nicht im Wege steht.

 

Bill Frisell & Vinicius Cantuaria – Cafezinho

Zwei Gitarren – ganz einfach schön.

 

The Kills – Bay Says

Ja, das ist ein außerordentliches Gerumpel, da hört man gern.

 

Foo Fighters – Arlandria

Die Altspatzen haben sich entschlossen, ein Album im Studio live einzuspielen. Lange gab´s nicht mehr so viel Vergnügen und atmosphärische Dichte.

 

Bonnie Prince Billy – No Match

Eine umfassende Positionierung, der man gerne folgt.

 

Alin Coen Band – Die Nähe

Jazzige Songs, fein gespielt und fein gesungen. Man freut sich auf die nächsten Releases.

 

Beirut – Santa Fe

Mister Zach Condon ist nach Expeditionen auf den Balkan, nach Frankreich und Mexiko zurück in Santa Fe, where he is from. Das Pathos hat sich verflüchtigt, die Musik gewinnt Einfachheit und Tiefe.

 

Tinariwen – Tamiditin Tan Ufrawan

Heuer ein akustisches Album aus dem Tuareg-Universum, Tinariwen reifer als je. Sie sind zu einem Fixstern geworden.

 

Max Raabe – Ich bin nur wegen Dir hier

Annette Humpe hat schon viel Liedgut produziert, die Kooperation mit Max Raabe brachte stilsichere gute Laune in das Jahr der Krisenangst.

 

Mayer Hawthorne – A Long Time

Raphael Saadiq und Aloe Blacc (die diesen Sampler eröffnen durften) sind derzeit die unbestrittenen Chefs in der Soul-Sparte. Mayer Hawthorne strickt alles selbst, der Sound ist poppiger, schlanker. Feelgood-Music. Die Liebes-Hymne „A Long Time“ erzählt vom darbenden Detroit und wichtigen Stadtvätern wie Henry Ford und Berry Gordy, dem Gründer von Motown.

 

Thees Uhlmann – Lat: 53.7, Lon: 9.11667

Ein Lied vom Land. Musikalisch jetzt nicht gerade originell, aber es haben sich schon andere Herren mit geringeren Leistungen eine riesige deutsch sprechende Anhängerschaft ersungen.

 

The Very Best – I Can Change

Meine Produzentenlieblinge haben diesmal ein gratis Mixtape zur Verfügung gestellt. Möge euch der Auszug das Herz wärmen.

 

Attwenger – Durchdrahn

Attwenger mit dem Album Flux zurück bei den Gstanzeln (oder „Stanzen“, wie Ernst Jandl selig das nannte). Bei der Schnelligkeit, mit der sie singen, war da eine gewaltige Textproduktion erforderlich. Die Heroes aus Oberösterreich haben wieder zugeschlagen und wir sind ihnen dankbar dafür. Weiter so, meine Herren.

 

Ja, Panik – Barbarie

In Deutschland in den Himmel gelobt, legten die aus dem Burgenland kommenden und in Berlin lebenden Ja. Panik ein Album mit dem geheimnisvollen Titel DMD KIU LIDT. Ist abgekürzt (naja) „Die Manifestation des Kapitalismus in unserem Leben ist die Traurigkeit“. Der fulminante Titelsong ist für diesen Sampler leider zu lang.

 

Tom Waits – New Years Eve

Gut, dass manches bleibt, wie es war. Das gilt hörbar auch für Tom Waits, den wir gerne in die Hall of Fame aufnehmen, nötigenfalls auch als Duplikat, wenn er sich dort schon findet. Ein sentimenales Schlusslied.

 

Trio Lepschi – Ortsnamenlied

Das kann nur nach dem Ende kommen. Österreichische Ortsnamen zu einer deftigen Obszönität aneinandergereiht. Der fabelhafte Krimischreiber Stefan Slupetzki bildet mit dem Tomas des gleichen Nachnamens und Martin Zrost das Trio, das sich auch sonst durch präzise komponierte Texte auszeichnet.

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Und wieder sind einige der beeindruckenden Releases dieses Jahres nicht in den Sampler gekommen. Weil´s sonst zu lang geworden wäre; weil was anderes besser gepasst hat; oder aus Nachlässigkeit.

Meine Lieblingsbloggerin Caitlyn (http://djcpi.blogspot.com) bringt´s auf den Punkt:

„There is just SO MUCH MUSIC nowadays, it's pretty foolish to think you can ever be on top of it.

This year I spent most of my time listening to new music, let's say a few hundred albums from 2011, and still there are tonnes of BEST OF lists out there with albums I have never heard.

I found a crapload of amazing music. And that also means there is also a crapload of amazing music out there that I didn't hear.

It is exciting! And terrifying!

Every once in a while I feel I have to abdicate some internal desire to check out everything that people hold high and exclaim about. Every once in a while I have to remember to go back and listen to records that didn't just come out this year.

My joy received from hearing great music must be tempered by the realization that there is far more amazing music out there than I will ever properly consume. That the vastness of talent out there is well beyond my grasp.  That I barely even listen to classical genres, that I barely watch any contemporary dance!  The world spins fantastically.

Back in the pre-Internet days, the music world consisted of what the 2 or 3 awesome records shops had stocked and what ended up on traded mixtapes you dubbed. It seemed much more containable.  You felt like you could hold it in your hands if you tried hard enough.

I want to feel more content with the reality that I am just scraping the surface, to just be happy with that, and enjoy that small amount with as much prescience (and fidelity!) as I can reasonably accommodate.“

 


 

retro 2011pp – Der Jahressampler / Teil 2

Ich halt ja nicht viel von jenen Figuren, die ein ganzes Leben lang nur die Musik ihrer Jugendzeit hören. Die darbende Musikindustrie legt aber in der letzten Zeit Remixes und elektronisch sorgfältig überarbeitete Versionen alter Vinyls auf, die zum Wiederhören einladen. Und mehr oder weniger skurrile Musiker greifen auf den Schatz zurück, den die Musikgeschichte zu bieten hat. Manchmal respektvoll, manchmal respektlos. Heuer summierte sich das zu einem vergnüglichen Ganzen. Ich wünsche viel Spaß.

 

Humpback Whale – Also sprach Zarathustra

Ein Fanfärchen zu Beginn.

 

Nina Hagen – Ermutigung

Das ist doch Biermann! Der war einmal eine große Nummer und sang in Ostberliner Wohnungen gegen die Mutlosigkeit an, was ihm dann eine Ausbürgerung einbrachte und der Sozialistischen Einheitspartei Deutschlands ein veritables Legitimationsproblem. Nina Hagen rettet diese Ermutigung für uns, und wir freuen uns, dass es sie gibt in ihrer unverwechselbaren Art.

 

King Crimson – A Selection of Adrian's Vocal Loops 1

King Crimson produzierten in den 1970er und 80er-Jahren Alben quer durch die Stile, aber immer irgendwie Artrock oder anderes vorwegnehmend. Die kleine Etüde ist dem Discipline-Album entnommen. Remastered heutzutage.

 

The Kinks – The Village Green Preservation Society

Das war ein Flop, und was für einer, im Jahr 1968. Mitten in der Hippie Revolution sangen die Kinks über dörfliche Idyllen. Wollte niemand hören. Ich erinnere mich an Listening Sessions mit einem Jugendfreund. Wir waren entzückt, er noch mehr als ich. Damals war ja jede neue LP wirklich WICHTIG. Wir bastelten damit unser Weltbild zusammen und unsere Geschmackskultut.

 

R. Stevie Moore – Oh Donna

Mr. Moore ist ein Phänomen. Er ist ein Bastler. Schon hunderte Alben soll er zu Hause produziert haben. Für mich eine Entdeckung in diesem Jahr. Seine Produktionen atmen den Geist des frühen Frank Zappa.

 

Al Green – A Hard Days Night

Als Soulsänger ist Al Green unerreicht. Dieses Ding ist uralt, und kein moderner Toningenieur hat den Sound bereinigt. Vielleicht gerade deswegen besonders erfreulich. Findet sich auf einem Sampler, der afroamerikanische MusikerInnen vereinigt, die Beatles-Songs interpretiert haben.

 

The Beach Boys – Heroes and Villains

Smile sollte als Album der große Wurf werden. Viele Legenden ranken sich um die Smile-Sessions. Die sind nun ediert worden. Ein großes Album ist es nicht geworden, aber es gibt wunderbare Momente und zwei Songs für die Ewigkeit: „Good Vibrations“ und eben „Heroes and Villains“.

 

Kitschstortion – A Taste of Honey

Der Vocoder verhilft Stimmen zu sonderbaren Effekten (z.B. auch später bei Cher). Kitschstortion haben ein seltsam ephemeres a-capella Album mit dem Vocoder produziert. A Taste of Honey wurde 1960 geschrieben. Legendär die Instrumental-Version von Herb Alpert aus 1966.

 

Element of Crime – Heimweh

Der deutsche Schlager, wenn er denn von Meistern wie Element of Crime gecovered wird – kann uns auch erfreuen. Das Album mit Covers ist schon 2010 erschienen, Heimweh kann uns trotzdem noch erfreuen.

 

Lou Reed – Peggy Sue

Aus einem Sampler mit Covers von Buddy Holly Songs. Geschrieben vom früh verstorbenen Genie des Rock´n´roll 1957 (!). Ich erinnere mich: ich muss so ca. 10 Jahre alt gewesen sein, als in den 1960ern mein Bruder eine LP mit Buddy Holly Songs nach Hause brachte. Unglaublich! Schon damals kulturelles Erbe (ohne dass ich mit dem Begriff etwas anzufangen gewusst hätte). Lou Reed intoniert die Sache auf seine Art. Ist das jetzt respektlos? Oder respektvoll? Who knows?!

 

Balanescu Quartett – Model

Ende der 80er-Jahre nahm der Geiger Balanecu mit seinem Quartett ein ganzes Album mit Interpretationen von Kraftwerk-Titeln auf. Genießen.

 

Hugo Ball – Karawane

Ein Poem, so runde 100 Jahre alt. Dada, große Nonsens-Kunst.

 

DJ Guztabo – Kumbia Queers vs. Beasty Boys

Ein wundervolles Mashup. Die Kumbia Queers sind eine argentinische Frauenband. Kumbia ist vor allem in den Favelas ein sehr beliebter Rhythmus (und das hat seine guten Gründe, wie man hört). Die Queers covern Madonna, unterlegen das mit dem Cumbia Rhythmus, und die Beasty Boys shouten dazu. Danke danke!!

 

Depeche Mode – Personal Jesus (Alex Metric Remix Edit)

Depeche Mode haben heuer ein Album mit Remixes vorgelegt. Ein verfremdetes Wiederhören von Klassikern.

 

oki – Joy Division vs. Cher

Und wieder ein Mashup. Die rhythm Section von Joy Division und darüber das Vocoder-verfremdete Mainstream-Gsangl von Cher. Much Joy.

 

Manu Chao & Friends – King of the Bongo (Robbie Williams Feat Pet Shop Boys Plays Manu Chao)

Alles schon im Titel gesagt. Eine Verbeugung vor allen Herrschaften.

 

Erik Satie – Marche de Cocagne

Und noch ein Wunderstück aus dem frühen 20. Jahrhundert.

 

Wanda Jackson – Shakin´ All Over

Die Queen des Rockabilly wurde heuer ausführlich gewürdigt. Zu Satnde gebracht hat das eine Ikone der Indie-Szene, Jack White (früher White Stripes). Erfreulicherweise hat er nicht nur ein Album mit Wanda Jackson produziert, sondern auch seine Gitarre ausgepackt.

 

what capitalism was – Knee 1

Auf die Idee muss man erst einmal kommen: Philipp Glass, eine der Größen der Avantgarde-Komponisten der USA auf dem Akkordeon nachzuspielen.

 

The George King Organ Sounds – Doswedanja Gospodin

In grauer Vorzeit, die Stereo-Technik war gerade erfunden, und die Elektronik-Orgel, da wurde dem p.t. Publikum vorgeführt, was die neue Technik so alles an Sound ermöglichte: „Super Panoramic Stereo Sound“. Wird wohl so gegen Ende der 60er-Jahre gewesen sein, als diese frühe Form von Lounge Music produziert wurde. Vinyl-Knistern inklusive.

 

The Rolling Stones – Beast of Burden

Das fabelhafte Album „Some Girls“ aus dem Jahr 1978 wurde heuer wieder aufgelegt, mit den nowadays üblichen Deluxe-Ausgaben etc., aber am erfreulichsten ist der aufgemotzte Klang. Die Stones liefen noch einmal zu Hochform auf in diesen Jahren, und die Sache klingt inzwischen zeitlos. Feine Gitarrenarbeit von Keith Richards und Ron Wood. Wenn bei zeitnahen Live Recordings Mick Jagger eher zu bellen als zu singen scheint und die Leadgitarre sich machomäßig nervend in den Vordergrund spielt, passt hier alles.

 

Bobby Benson – Taxi Driver (I don´t Care)

Zahlreiche Re-Releases und Sampler beliefern uns heutige mit den Highlights des afrikanischen Pop aus dessen goldenen Zeiten in den Jahren nach der frisch errungenen Unabhängigkeit. Highlife war der Musikstil, der in den Clubs in Nigeria und Ghana dominierte. Wir in Europa haben das damals gar nicht mitbekommen. Die Perlen sind jetzt zugänglich.

 

Mosa Sisic & the Gipsy Express – Hava Nagila

Mosa begeisterte im September bei der Festveranstaltung des Fachebreichs Soziale Arbeit an der FH St. Pölten, zu seiner Version des jüdischen Klassikers Hava Nagila tanzten die Festgäste. Bald darauf lieferte die Band Gastspiele bei Stermann/Grissemann ab.

 

Brave Combo – Buscando de Corazon

Die New Yorker Combo spielte sich in den 90er-Jahren durch das globale Polka-Repertoire. „Polkas for A Gloomy World“ hieß ihr Album. Nun, in nebligen Zeiten bietet das jede Menge volkstümliche Aufmunterung.

 

Barbara Morgenstern – Blackbird

Die Berliner Elektronik-Lady macht aus dem Beatles-Song eine zeitgemäßes Hörvergnügen.

 

Angelo Badalamenti & David Lynch – Twin Peaks Theme (Alternate Version)

Eine wehmütige Erinnerung an eine der besten TV-Serien ever, David Lynch´s Twin Peaks. Badalamentis Musik trug Entscheidendes zur einzigartigen Stimmung der Folgen bei.

 

King Crimson – A Selection of Adrian's Vocal Loops 2

und noch einmal …

 

CCC – Close To No One

Mashup-Meister CCC verschneidet die Beatles (aus dem Revolver-Album) mit The Cure. Schade, dass der Track so kurz ist.

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